Vorab: Die BWA ist nicht geeignet, um Liquidität zu controllen. Weder Ergebnis noch betrieblicher Cashflow, also das Ergebnis vor Abschreibungen, liefern die nötigen Informationen. Im Gegenteil: Auch bei profitablem Geschäft können negative Kontostände auftreten, fortbestehen oder sich sogar verstärken. Der einfache Grund dafür ist, dass wichtige Ein- und Auszahlungen in der BWA überhaupt nicht erfasst werden.
Die wirklich aussagekräftigen Kennzahlen finden Sie in der Liste der Summen und Salden (SuSa).Sie können diese unter verschiedenen Perspektiven betrachten – hier unsere Empfehlung für das regelmäßige Controlling:
Perspektive 1: Die Verfügbarkeit der Mittel
Es gibt verschiedene Formen von Liquidität. Sie unterscheiden sich danach, wie schnell das Unternehmen über flüssige Mittel verfügen kann. Zuerst kommen alle schon freien Mittel in Betracht (u.a. Kassenbestände, Kontoguthaben, Mittel aus Kontokorrentlinien), dann kurzfristig generierbare Mittel (u.a. aus Kundenforderungen abzüglich Lieferantenverbindlichkeiten), und schließlich mittel- bis längerfristig freisetzbare Mittel (u.a. aus dem Warenbestand).
Wenn Sie also auf einen Blick wissen wollen, über wieviel Geld Sie sofort, kurzfristig und mittel- bis längerfristig verfügen können, controllen Sie regelmäßig
- Kassen- und Verrechnungskonten,
- Forderungen aus Lieferungen und Leistungen,
- Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
- Bestandsveränderungen fertige/unfertige Erzeugnisse (FE/UE), sowie
- Warenvorräte.
Beobachten Sie die jeweiligen Veränderungen im Jahresverlauf und stellen Sie fest, ob es Trends und womöglich Fehlentwicklungen gibt. Belegen Sie diese rechtzeitig mit Gegenmaßnahmen.
Perspektive 2: Die Verwendung der Mittel
Das Unternehmen ist nach Steuern profitabel, aber der Kontostand trotzdem negativ? Wenn Sie diesen Widerspruch aufklären möchten, müssen Sie genauer herausfinden, wie die verfügbare Liquidität verwendet wurde. Bedeutsam sind in der Regel Investitionen, Auszahlungen an Gesellschafter/Inhaber und Tilgungen von Finanzverbindlichkeiten. Die SuSa zeigt sie in den Konten:
- Anlagevermögen
- Forderungen gegen Gesellschafter (Kapitalgesellschaft)
- Privatentnahmen (Personengesellschaft)
- Darlehen und Finanzierungen
Zusätzlich zu diesen Konten kommen auch die
- Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
- Warenvorräte
wieder ins Spiel. In diesen werden die freien Mittel des Unternehmens entweder gebunden (Erhöhung) oder freigesetzt (Verminderung). Maßnahmen zur Steuerung im Sinne einer Liquiditätserhöhung sind etwa die Verkürzung von Zahlungszielen, der Einsatz von Factoring oder der gezielte Abbau des Lagerbestandes – letzterer sinnvollerweise im Einklang mit der Lieferfähigkeit.
Perspektive 3: Die Bankensicht
Banken betrachten die genannten Kennzahlen unter besonderen Aspekten. Hierzu gehören vor allem Kontoführung, Vertrauen und Sicherheit:
- Verrechnungskonten werden vor allem auf Höhe und Dauer der Auslastung und auf Überziehungen geprüft: Sind Konten bzw. Kontokorrentlinien langfristig ausgelastet – ohne zwischenzeitliche Rückführungen? Treten unabgesprochene Überziehungen auf? Gibt es Rücklastschriften? Vermeiden Sie diese Punkte möglichst. Ihr bankeninternes Rating hängt davon ab.
- Auszahlungen an Gesellschafter/Inhaber stehen sofort im Fokus, wenn Liquiditätsengpässe drohen oder bereits eingetreten sind. Achten Sie dann besonders auf die Forderungen gegen Gesellschafter bzw. Privatentnahmen und reduzieren Sie diese nach Möglichkeit. Idealerweise stellen Sie Gesellschaftereinlagen bzw. Privateinlagen dagegen.
- Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (LuL) werden im Rahmen einer sogenannten Globalzession häufig zur Besicherung von Darlehen verwendet. Sie werden daher in Beziehung zu den Verbindlichkeiten aus LuL gesetzt, um ihre Werthaltigkeit zu testen: bei Überdeckung ist der Anteil oberhalb der Verbindlichkeiten werthaltig. Ideal ist daher ein Verhältnis von 2:1, da damit alle Verbindlichkeiten gedeckt sind und die Besicherung zu 100% werthaltig ist. Bei Unterdeckung werden dagegen sämtliche Forderungen zur Deckung der Verbindlichkeiten aus LuL benötigt. Der rechnerische Wert der Sicherheit ist daher gleich Null. Achten Sie deshalb grundsätzlich darauf, dass die Verbindlichkeiten aus LuL möglichst hoch überdeckt sind.
- Auch die Warenvorräte werden im Rahmen einer sogenannten Sicherungsübereignung häufig als Kreditsicherheit herangezogen, ebenso wie das Anlagevermögen. Ein Lageraufbau kann rein rechnerisch mehr Sicherheit bedeuten, aber auch steigende Kapitalbindung und schlechter laufendes Geschäft – mit zukünftig drohenden Liquiditätsengpässen. Behalten Sie daher Ihren Warenvorrat immer kritisch im Blick.
Fazit: Liquiditätsengpässe müssen niemanden überraschen. Sie deuten sich in der Regel frühzeitig an und können mit rechtzeitigen Gegenmaßnahmen vermieden werden. Voraussetzung ist das regelmäßige und systematische Controlling des Liquiditätsstatus. Die Liste der Summen und Salden liefert dafür alle notwendigen Informationen.