Politische und wirtschaftliche (Dauer-)Krisen, schnelle technologische Veränderungen und hohe Veränderungsgeschwindigkeit kennzeichnen das aktuelle Umfeld der allermeisten Unternehmen. Unternehmensplanungen werden daher zu einer immer größeren Herausforderung, die Unzufriedenheit mit der Planungsgenauigkeit wächst. Dies gilt für strategische Mittel- und Langfristplanungen, in hohem Maße aber für Jahresplanungen, mit denen das laufende operative Geschäft gesteuert und gemanagt wird.
Budget versus Rolling Forecast
Jahresplanungen – etwa Rentabilitäts- und Liquiditätsplanungen, individuelle Umsatz- und Kostenplanungen und viele andere mehr – sind unverzichtbar für die Unternehmenssteuerung. Sie durchlaufen in der Regel einen formalen Erstellungs- und Genehmigungsprozess und werden dann als sogenannte Budgets festgeschrieben. In größeren Unternehmen erfolgt die Erarbeitung Top-Down und Bottom-Up in der gesamten Organisation, was erheblichen Abstimmungs- und Zeitbedarf nach sich zieht. Oft werden Managementziele daran gekoppelt und deren Erreichung mit einem Incentive versehen.
Unter hochdynamischen Bedingungen können fixe Budgets im Jahresverlauf zu größeren Soll/Ist-Abweichungen und Unzufriedenheit mit der Planungsgenauigkeit führen. Lösungsmöglichkeiten bestehen unter anderem darin, die ursprünglich fixe Planung regelmäßig an aktuelle interne und externe Veränderungen anzupassen und den Planungshorizont zu verkürzen. Dies erfordert hohe Agilität bei allen Beteiligten – enges Monitoring, schnelles Reporting, regelmäßige Überarbeitung und periodenweise Fortschreibung. Man spricht dann von einer rollierenden Planung, dem sogenannten Rolling Forecast.
Grundsätzliches zum Rolling Forecast
Budget und Rolling Forecast (RF) gehen Hand in Hand – das Budget ist die Planungsgrundlage für einen gegebenen Zeitraum, der RF dient der regelmäßigen Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten. Seine Ausführung sollte an die jeweiligen unternehmens- und marktspezifischen Bedingungen angepasst werden. Dies betrifft insbesondere folgende Faktoren:
- Taktrate der Überarbeitung. In der Regel sind dies Monate oder Quartale. Entscheidend hierfür ist letztlich die Dynamik der internen und externen Veränderungen, welche „einzupreisen“ sind: je häufiger und bedeutender die Veränderungen, um so kürzer die Taktrate.
- Zeitraum, welcher vom RF abgedeckt wird (Planungshorizont). In der Regel sind dies 6, 12 oder 18 Monate, in extrem dynamischen Situationen auch 3 Monate. Mit jeder Überarbeitung wird der Planungshorizont um einen Takt versetzt in die Zukunft geschoben („rolliert“).
- Parameter, welche im RF überarbeitet werden. Da jeder RF-Zyklus zusätzlichen Arbeitsaufwand bedeutet, ist es sinnvoll, sich auf wenige, möglichst aussagekräftige Leitparameter zu konzentrieren. In produzierenden Unternehmen empfehlen sich zum Beispiel Umsatz, Materialaufwand und Personalkosten. Damit hat man in aller Regel die entscheidenden Leistungsdaten (KPIs) erfasst: den Umsatz als zentrale Input-Größe, den Materialaufwand als bedeutenden Kostenfaktor und Indikator für den Rohertrag (und damit auch für das Betriebsergebnis!) und die Personalkosten als Schlüsselfaktor der Betriebskosten.
Tipps zur Einführung
Die für einen funktionierenden RF-Prozess erforderliche Agilität der Beteiligten ist nicht selbstverständlich. Organisationen, welche bisher in festen Jahresplänen gearbeitet haben, sollten daher bei einer RF-Einführung Folgendes beachten:
- Organisation: Die Einführung eines RF-Prozesses stellt eine bedeutende Organisationsveränderung dar. Daher gelten hier die gleichen Regeln wie für jeden anderen Change-Prozess auch, u.a. Unterstützung und Vorleben durch das Top-Management, exzellente technische Vorbereitung (IT-Infrastruktur!) und frühzeitige Einbindung („Mitnahme“) aller Beteiligten.
- Zeit: Der RF-Prozess benötigt in aller Regel einige Zeit, bis er reibungslos funktioniert. Es ist daher wichtig, dass sich alle Beteiligten dieser Tatsache bewusst sind und genügend Zeit für die Implementierung einplanen.
- Mehrwert: Der zusätzliche, regelmäßige Arbeitsaufwand kann zunächst einmal Skepsis und Ablehnung anstelle von Akzeptanz erzeugen. Die Mitarbeitenden und gegebenenfalls weitere beteiligte Partner am Planungsprozess (u.a. Vertriebspartner, Kunden) sollten daher ausführlich über den erwarteten Nutzen der zukünftig höheren Planungsgenauigkeit informiert werden.
- Incentives: Ein RF-Prozess wird in der Praxis oft dazu führen, dass sich unterjährig einige Soll-Werte verändern. Dies bedeutet, dass die ursprünglichen jährlichen Zielvereinbarungen entweder ebenfalls angepasst oder neue, innovative Incentives im Zusammenhang mit dem RF eingeführt werden sollten.
Fazit:
Rolling Forecasts (RF) können die Genauigkeit operativer Unternehmensplanungen durch regelmäßige Planungsanpassungen an Veränderungen erhöhen. Die jeweilige RF-Gestaltung richtet sich nach Art und Geschwindigkeit der internen und externen Veränderungen. Unternehmen, welche bisher ausschließlich mit fixen Jahresplänen (Budgets) gearbeitet haben, sollten die Einführung des RF-Prozesses sorgfältig vorbereiten und begleiten.