Die Europäische Zentralbank (EZB) führt quartalsmäßige Umfragen bei rund 150 Banken in der Euro-Zone zu deren Kreditvergabepolitik durch. Hieraus ergibt sich u.a., ob die Kreditrichtlinien eher verschärft oder gelockert werden. Gemeint sind damit die bankinternen Richtlinien oder Kriterien für die Kreditgewährung. Nachfolgend einige Ergebnisse der aktuellen Studie zur Kreditvergabe an Unternehmen:
Verschärfte Richtlinien
Die aktuelle Umfrage zum 4. Quartal 2024 zeigt, dass die Bedingungen für Unternehmenskredite erneut verschärft wurden, nachdem sie im 3. Quartal 2024 noch unverändert geblieben waren. Hauptgründe sind die
- höher wahrgenommenen Kreditrisiken vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturprognosen sowie branchen- und firmenspezifischer Faktoren,
- geringere Risikotoleranz der Kreditinstitute, sowie die
- Verschärfung der regulatorischen oder aufsichtsrechtlichen Anforderungen im Jahr 2024 und vermutlich auch darüber hinaus.
Für das 1. Quartal 2025 wird insgesamt eine weitere Verschärfung der Richtlinien für Unternehmenskredite erwartet. Dies bedeutet für viele Unternehmen, dass sie schwerer an frische Kreditmittel kommen. Selbstverständlich wird es auch weiterhin Unternehmen geben, für die das nicht gilt, etwa aufgrund einer besonders stabilen Ertrags- und Liquiditätslage, nachhaltigen Wachstums und hervorragender Bonität.
Stabile Bedingungen
Die Bedingungen für die Neukreditvergabe, d.h. die tatsächlich vereinbarten Kreditbedingungen, blieben bei Unternehmenskrediten weitgehend unverändert. Niedrigere Kreditzinsen und Margen wirkten hier dämpfend auf höhere Sicherheitserfordernisse und restriktivere Zusatz- und Nebenvereinbarungen.
Schwache Nachfrage
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten und die Inanspruchnahme von Kreditlinien nahm im 4. Quartal 2024 geringfügig zu, blieb aber insgesamt schwach. Die Nachfrage nach Krediten für Anlageinvestitionen und Betriebsmittel war im 3. und 4. Quartal 2024 gegenüber dem 1. und 2. Quartal 2024 stark rückläufig. Für das 1. Quartal 2025 wird eine weitgehend unveränderte Nachfrage erwartet.
Die Pressemitteilung zur EZB-Studie sowie den Link zur Studie finden Sie hier.
Was können Unternehmen tun?
Unternehmen können weder die bankeninternen Vergaberichtlinien noch die Faktoren des Marktumfelds, etwa Branchenentwicklungen, politische Vorgaben, die Konjunktur oder internationale Krisen beeinflussen – aber sie können ihre Chancen auf eine Kreditvergabe so weit wie möglich erhöhen. Hierzu gehören u.a.
- die rechtzeitige Ansprache des oder der Finanzierungspartner, etwa wenn frische oder zusätzliche Mittel benötigt werden oder wenn Überziehungen drohen,
- die rechtzeitige Suche nach neuen Finanzierungspartnern oder Finanzierungsinstrumenten, sollte dies erforderlich sein,
- eine exzellente proaktive Informationspolitik, etwa die laufende Übermittlung von BWA, Summen- und Salden und Jahresabschlüssen,
- die regelmäßige Information zur Unternehmenslage, etwa in Jahresgesprächen,
- die Erstellung jährlicher Rentabilitäts- und Liquiditätsplanungen, unter Einschluss von Szenario- und Risikoanalysen,
- laufende Aktualisierungen der Planungen, etwa in Form eines Rolling Forecast, und last not least
- die professionelle Vorbereitung von Bankgesprächen.
Werden diese Punkte beachtet, sind Unternehmen für Kreditgespräche gut aufgestellt und die Chancen für eine Kreditvergabe auch unter verschärften Kreditrichtlinien erhöht.
Fazit
Es wird für Unternehmen immer schwerer, Kredite oder Betriebsmittellinien neu zu bekommen oder zu erweitern. Umso wichtiger ist die Schaffung optimaler Voraussetzungen für eine Kreditvergabe. Dies kann durch eine vorausschauende Zusammenarbeit mit den Finanzierungspartnern erreicht werden.