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Wie entstehen bahnbrechende Innovationen?

Bahnbrechende Innovationen werden auch als disruptive, radikale oder Durchbruchsinnovationen bezeichnet. Anders als schrittweise Produkt- oder Technologieveränderungen können sie in kürzester Zeit bestehende Märkte massiv verändern oder gar völlig neue Märkte schaffen. Die Digitalisierung liefert dafür zahllose Beispiele, etwa Internet, Email, Smartphone, IoT oder jüngst die KI. 

So grundlegend wie der Markt wird auch die Position der Marktteilnehmer von disruptiven Innovationen verändert: die sogenannten Disruptoren, also die Treiber von Durchbruchsinnovationen, erlangen teils uneinholbare Wettbewerbspositionen. Andere Marktteilnehmer können geschwächt oder gar ganz vom Markt verdrängt werden. Die Industriegeschichte liefert dafür zahlreiche Beispiele, etwa Kodak, Nokia oder Blackberry. 

Entsprechend ihrer Bedeutung wurde und wird die Entstehung von Durchbruchsinnovationen intensiv erforscht. Dazu zwei aktuelle Medienbeiträge mit völlig unterschiedlichen Perspektiven zum Thema. 

Kann KI bahnbrechende Innovationen generieren? 

Die aktuelle Antwort lautet: (Noch) nicht. KI verarbeitet in erster Linie riesige Mengen vorhandener Daten, analysiert diese auf bekannte Muster und leitet daraus Erkenntnisse ab. Dies allein schafft jedoch noch nichts bahnbrechend Neues, da der Prozess rein vergangenheitsbasiert ist: Erst der Mensch ist in der Lage, die Ergebnisse einzuordnen, zu kombinieren, weiterzutreiben und im besten Fall überraschende, neue Erkenntnisse zu gewinnen. 

KI kann also Innovation und Kreativität unterstützen und idealerweise auch beschleunigen – jedoch noch keine bahnbrechenden Ideen eigenständig generieren. Dies wird sich vermutlich erst ändern, wenn KI – zusätzlich zu den bisherigen datengetriebenen Prozessen – auch Intuition entwickeln, die Datenanalyse also kreativ erweitern kann. 

Es bleibt spannend, ob und wie schnell es gelingen wird, KI in diese Richtung weiterzuentwickeln. Erste vielversprechende Ansätze gibt es, etwa im Bereich medizinischer Diagnostik. Bis dahin gilt weiterhin: Innovation auf Knopfdruck gibt es (noch) nicht.  

Aus: Christian Busch: Innovations(ver)treiber. WirtschaftsWoche 43 2024: 92.

Start-ups oder Nutzer – wer bringt mehr disruptive Innovationen hervor? 

Die Frage bezieht sich auf Theorien zweier einflussreicher Vordenker zum Thema Innovation: 

Nach Clayton Christensen, Autor des Standardwerks The Innovator’s Dilemma (1997), werden Durchbruchsinnovationen in erster Linie von Start-ups generiert. Erinnert sei dabei an die Ursprünge etwa von Apple, Amazon oder Google als Garagenunternehmen. 

Nach Eric von Hippel, bekannt durch die Lead User-Methode (1986) und das Werk The Sources of Innovation (1988), treiben vor allem fortschrittliche Kunden und Anwender radikale Innovationen voran. Beispiele sind so unterschiedliche Innovationen wie Kaffeefilter, Geschirrspüler oder Email. 

Eine aktuelle Untersuchung von 60 Erfindungen zeigt nun, dass in dieser Stichprobe beide Innovationsarten gleich häufig vorkommen. Die jeweiligen Innovationstreiber sind jedoch unterschiedlich: 

Unternehmen werden eher durch schnelle technologische Veränderungen zu radikalen Innovationen getrieben. Start-ups haben dabei gegenüber bestehenden Herstellern den Vorteil, Durchbruchsinnovationen radikal umsetzen zu können: Sie müssen nicht auf ein bestehendes Produktportfolio, dessen Pflege und Weiterentwicklung und mögliche Kannibalisierungseffekte Rücksicht nehmen.  

Innovative Nutzer werden eher in Zeiten schneller und rascher Veränderungen der Kundenbedürfnisse aktiv. Sie sind unzufrieden mit dem bestehenden Angebot und suchen aktiv nach neuen oder besseren Lösungen. Werden diese fortschrittlichen Kunden in den unternehmenseigenen Innovationsprozess eingebunden, können beide Parteien von den Synergien zwischen Technologiekompetenz des Unternehmens und Anwenderkompetenz des Kunden profitieren. 

Aus: Christina Raasch, Tim Schweisfurth: Clayton Christensen oder Eric von Hippel – Wer hatte recht? Harvard Business manager, November 2024: 46-52.